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E-Control: Österreichische Gasversorgung im kommenden Winter gesichert

Vorsorge verhindert Krise – Versorgungssicherheitskonzepte bringen Klarheit – Russische Gasmengen können ersetzt werden

 

Aktuelle Themen der Versorgungssicherheit Gas (0,2 MB)

  • Pressemappe zum Energie Round-Table vom 2. Dezember 2024

Energie Round Table "Aktuelle Themen der Versorgungssicherheit Gas" Montag, 2. Dezember 2024

Gesprächspartner:

  • Prof. DI Dr. Alfons Haber, MBA, Vorstand E-Control
  • Dr. Carola Millgramm, Leiterin Abteilung Gas der E-Control

Seit 16. November 2024 wird die OMV Gas Marketing und Trading nicht mehr von Gazprom Export beliefert. Trotzdem fließt nach wie vor russisches Gas über die Ukraine-Route und die Slowakei nach Baumgarten und wird dort am österreichischen Handelspunkt VHP gehandelt.

Bestehende Transitverträge für die Lieferung durch die Ukraine und die Slowakei nach Österreich ermöglichen weiterhin einen Transportfluss. Diese Situation wird sich vermutlich ab 1. Jänner 2025 ändern. Bisher gibt es keine belastbaren Informationen darüber, dass eine weitere Transitvereinbarung zwischen den Kriegsparteien wahrscheinlich ist. Eine weitere Unsicherheit bedeuten die noch unklaren Auswirkungen auf die Gasflüsse durch die ab 20. Dezember 2024 geltenden Sanktionen der USA gegen die russische Gazprombank. Über die Gazprombank werden die Zahlungsströme an und von der Gazprom Export mit Handelspartnern in Europa und in der EU abgewickelt.

Was bedeutet es für die österreichische Versorgungssicherheit mit Gas, falls Transite über die Ukraine ab 1. Jänner 2025 nicht mehr oder nur in einem geringeren Ausmaß durchgeführt werden können?

Infrastruktur vorhanden und weiterer Ausbau vorgesehen

„Importe von russischem Gas über die Ukraine und die Slowakei nach Baumgarten können durch Importe über Deutschland und Italien vollständig ersetzt werden. Die dafür erforderliche Transportkapazität ist vorhanden.“, betont der Vorstand der E-Control, Alfons Haber. Und er führt dazu detailliert aus: „Für den Import aus Italien stehen seit dem 1. Oktober diesen Jahres 95 TWh/a Transportkapazität zur Verfügung, aus Deutschland 90 TWh/a. Diese Transportkapazitäten können in einem festgelegten Verfahren zu bestimmten Zeiten auf Buchungsplattformen von Gashändlern vertraglich gesichert werden. Mit der Einführung des Gasdiversifizierungsgesetzes im Jahr 2022 und einer darauf basierenden Förderrichtlinie können zudem Mehrkosten der Substitution, die den Gasgroßhändlern entstehen, teilweise ersetzt werden. Ab dem Jahr 2027 ist zudem ein Ausbau der Importroute über Deutschland mit dem WAG Teilloop Ausbau geplant.“

Maßnahmen zur Speicherbefüllung haben gewirkt

Aufgrund der Marktsituation im Februar 2022 (steigende Gaspreise und sinkende Liefermengen aus Russland) wurden mehrere Maßnahmen zur Speicherbefüllung gesetzt. Neben der Erweiterung der Vorgaben für die Einhaltung des Versorgungsstandards umfassten diese die Einführung einer strategischen Gasreserve für Österreich von 20 TWh sowie Anreize für die Einspeicherung für Endkund:innen. Die Gesamtkosten der strategischen Reserve beliefen sich auf 3,95 Mrd. EUR. Diese Kosten wurden zur Gänze über den Staatshaushalt gedeckt. Die Verpflichtung zur Vorhaltung dieser strategischen Reserve ist vom Nationalrat vorerst bis 1. April 2026 verlängert worden.

Gemäß §26a Energielenkungsgesetz 2012 (EnLG 2012) wurde für Endkund:innen, bspw. Industriebetriebe, die Möglichkeit geschaffen, Gasmengen einzuspeichern, die bis zu einem Anteil von 50% ihres Verbrauchs im vorangegangenen Kalenderjahr von mengenbezogenen, hoheitlichen Maßnahmen ausgenommen sind (sog. „immunisierte Mengen“). „Diese Gasmengen können nur im Falle der Notwendigkeit für die Aufrechterhaltung des technisch sicheren Netzbetriebs und für völkerrechtliche bzw. solidarische Verpflichtungen herangezogen werden, wobei auch dann nur gegen Ersatz des Kaufpreises samt Speicherkosten und Netznutzungsentgelten. Die Möglichkeit zur Absicherung bereits eingespeicherter Gasmengen haben auch einige größere Endkund:innen genutzt.“, erläutert Haber wichtige Maßnahmen, die für die weiterhin sichere Gasversorgung in Österreich gesetzt wurden. Mit Stand 26. November 2024 fallen somit rund 5,19 TWh unter diese Regelung. Auch diese Regelung wurde bis 2026 verlängert.

Großteil der Speichermengen steht österreichischen Gaskund:innen zur Verfügung

Österreich nimmt in Bezug auf die Speicherkapazitäten im Vergleich zu anderen Ländern eine nahezu einzigartige Position in Europa ein, da das Arbeitsgasvolumen von rund 101,6 TWh (Stand November 2024) mehr als dem jährlichen nationalen Gasverbrauch (75,64 TWh im Jahr 2023) entspricht. Die österreichischen Gasspeicher befinden sich ausschließlich im Marktgebiet Ost, in den Konzessionsgebieten der beiden Gas- und Ölproduzenten OMV Austria Exploration & Production GmbH und RAG Austria AG und werden von diesen auch technisch betrieben. Die Speicher sind ausgeförderte Gasfelder (Porenspeicher), die für den Speicherbetrieb technisch umgerüstet wurden.

„Mit Stand 26. November sind die Gasspeicher in Österreich zu 90% gefüllt, das sind 92 TWh. Von diesen Speichermengen werden ca. 33 TWh dezidiert für die Endkund:innen in Österreich vorgehalten, weitere ca. 16 TWh von österreichischen Speicherkund:innen, die wahrscheinlich im österreichischen Gasmarkt verbleiben. Ein Teil der Speicherkapazitäten wird von ausländischen Speicherkund:innen, davon der Großteil deutsche Speicherkund:innen, genutzt. Auch diese Mengen werden zum Teil auf dem virtuellen Handelsplatz VHP gehandelt und können in Österreich an die Endkund:innen geliefert werden. Im Wesentlichen ist dies abhängig von den Preisunterschieden auf den Großhandelsmärkten.“, räumt Haber mit häufig falsch zitierten Aussagen auf, wonach nur ein geringer Anteil des Gases in den Speichern für den österreichischen Markt zur Verfügung stehen würde.

Anbindung des Speichers Haidach erhöht Versorgungssicherheit

Durch die Anbindung des Speichers Haidach 2022 an das österreichische Fernleitungsnetz und 2024 an das österreichische Gasverteilernetz können auch Gasmengen aus dem Speicher Haidach direkt für die Ausspeicherung nach Österreich genutzt werden.

Im Dezember 2022 stellte der Speicheranlagenbetreiber RAG Austria AG einen Anschluss an das Fernleitungsnetz des österreichischen Marktgebiet Ost her. Dieser ist auf unterbrechbarer Basis buchbar.

Die gesetzlich geforderte Anbindung an das Verteilernetz (Netzebene 1) im Marktgebiet Ost mit einer zusätzlichen Kapazität von rund 6,9 GWh/h bzw. ca. 30 TWh/a, wurde ebenfalls vom Speicheranlagenbetreiber RAG AG umgesetzt und ist seit Ende Juni diesen Jahres technisch verfügbar. Mit dieser Anbindung können die Speicherkund:innen des Speichers Haidach Gas über Deutschland einspeichern und das Gas zur Endkund:innenversorgung in Österreich entnehmen. Die Anbindung ist auch wesentlich für den direkten Zugang zur strategischen Speicherreserve.

Neben den österreichischen Speichern ist der slowakische Speicherkomplex Láb direkt an den virtuellen Handelspunkt in Österreich, über die March-Baumgarten-Gasleitung (MAB), angebunden – Speicherunternehmen sind hier die Nafta a.s. und die Pozagas a.s.

Deutsche Speicherumlage nach wie vor problematisch für Österreich

Am 20. November 2024 hat die Trading Hub Europe GmbH (THE) die Festlegung der Speicherumlage ab dem 1. Jänner 2025 veröffentlicht, die auf 2,99 Euro/MWh erhöht wird. In die Berechnung ist von Seiten der THE eingeflossen, dass die Gasmengen an den Grenzübergabepunkten unberücksichtigt bleiben, da davon ausgegangen wird, dass der Gesetzgebungsprozess mit Wirkung zum 1. Jänner 2025 umgesetzt und die Speicherumlage für den Import über Deutschland abgeschafft wird. Dies ist ein positives Zeichen, allerdings ersetzt es nicht die dringende gesetzliche Änderung des § 35e im deutschen Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). „Dies wird auch im Austausch mit den Entscheidungsträgern und Behörden in Deutschland und in der EU betont, im Sinne der Solidarität und der guten Nachbarschaft von Deutschland und Österreich.“, betont Haber abermals die Wichtigkeit der zeitnahen Abschaffung der Gasspeicherumlage.

Gasverbrauch deutlich gesunken

Der Gasverbrauch der Endkund:innen in Österreich lag 2023 bei 75,64 TWh. Im Vergleich zu 2021 – also vor Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine – mit 96,29 TWh ist der Gasverbrauch um 21,45% gesunken und auch deutlich geringer als 2022. „Die beobachteten Gasverbrauchsrückgänge in den Jahren 2022 und 2023 beruhen auf verschiedenen Faktoren. Einerseits waren die Winterperioden 2022/23 und 2023/24 recht mild, andererseits haben Endkund:innen auch bereits auf alternative Energieträger umgestellt oder den Verbrauch aufgrund der relativ hohen Gaspreise und der vermeintlich unsicheren Versorgungssituation reduziert. Ein großer Anteil am geringeren Gasverbrauch im Jahr 2023 ist auf den gesunkenen Einsatz der Gaskraftwerke zurückzuführen.“, erläutert Haber. Ein rascher Ausbau von erneuerbarer Stromerzeugung trägt ebenfalls signifikant dazu bei, dass Gaskraftwerke in einem geringeren Zeitraum in Betrieb sein müssen.

Der Trend des sinkenden Gasverbrauchs in Österreich scheint sich auch 2024 – nach einer kurzen, temperaturbedingten Spitze zu Jahresbeginn – fortzusetzen. Der sparsame und effiziente Einsatz von Gas im Endkundenverbrauch bleibt damit ein wesentlicher Pfeiler der Versorgungssicherung.

Wie könnte sich die Versorgungssituation mit dem Wegfall des Ukraine-Transits entwickeln? - Szenarien für die nächsten Winter

Um eine laufende Einschätzung der zukünftigen Versorgungssituation vornehmen zu können, werden durch die E-Control gemeinsam mit der Österreichischen Energieagentur Gasversorgungsszenarien berechnet. Damit sollen die Behörden in die Lage versetzt werden, bei absehbaren kritischen Situationen möglichst früh handeln zu können. Die Szenarien bilden auf Grundlage eines quantitativen Modells („Maßnahmenrechner“) und Experteneinschätzungen unterschiedliche Verläufe der Gasflüsse und Speicherbewirtschaftung ab. Der Beobachtungszeitraum beträgt zwei Jahre und die Szenarien werden laufend aktuell an die Situation angepasst.

Im Sommer 2024 wurden zusammenfassende Ergebnisse aus diesen Szenarien gemeinsam mit der Österreichischen Energieagentur erstmals veröffentlicht.[1] Die Annahmen von damals haben sich im Wesentlichen bestätigt, und neue Berechnungen zeigen weiterhin eine robuste Versorgungssituation.

„Besonderes Augenmerk gilt dabei natürlich dem Szenario eines vollständigen Ausfalls der russischen Lieferungen über die Ukraine. In diesem Fall könnte selbst in einem „kalten Winter Szenario“ die Versorgung mit den direkten Kapazitäten aus Deutschland und Italien aufrechterhalten werden, ohne dass es spezifischer Lenkungsmaßnahmen bedarf. Die Speicherbefüllung für die nächsten beiden Winter wäre damit vollständig möglich. Ebenso wurde ein zusätzlicher Abfluss in Nachbarländer wie der Slowakei modelliert. Wesentlich für dieses Ergebnis ist der weiterhin hohe Speicherstand und die Buchung und Nutzung der Transportinfrastruktur durch die Gashändler und -versorger.“, erläutert Haber einige der Ergebnisse.

Kurzfristige Preisrisiken sind nicht auszuschließen und können sich auch regional unterschiedlich auswirken. Langfristig zeigen die Szenarien jedoch keine Entkopplung vom europäischen Markt. Ein Ausbau der Kapazitäten (sowohl durch den WAG Loop, als auch durch die Route Deutschland-Tschechien) kann die Verbindung von Österreich zum europäischen Großhandelsmarkt noch verbessern und damit das Risiko für Preisausschläge deutlich mindern. 

Vorsorge statt Krise

Seit dem Beginn des Ukraine Kriegs im Februar 2022 musste sich Österreich auf die Situation einstellen, dass die russischen Gaslieferungen eingestellt werden könnten. Im Jahr 2022 wurden dafür ad hoc Maßnahmen getroffen, die vor allem der schnellen und effektiven Speicherbefüllung dienen sollten. Mit der Vorbereitung auf die Beendigung des Ukraine-Transits mit Ende 2024 wurde der Fokus neben der Sicherstellung der Speicherbefüllung auf die Diversifzierungsmaßnahmen und Vorsorge der Gasversorger gelegt.

Für diese wurden wirtschaftliche Anreize zur Diversifizierung über das Gasdiversifizierungsgesetz gesetzt. Zur Beschleunigung der Reduktion der Abhängigkeit Österreichs von russischem Erdgas wurde das Gasdiversifizierungsgesetz 2022 (GDG 2022)[2] erlassen, auf dessen Basis Förderrichtlinien zur teilweisen Abgeltung von Mehrkosten für Unternehmen, die durch die Lieferung von Erdgas aus nicht-russischen Quellen entstanden sind, erarbeitet wurden. „Die Herkunft des Erdgases muss dabei mittels eines den Richtlinien entsprechenden Nachweises erfolgen. Ebenso werden nur jene Erdgasmengen aus nicht-russischen Quellen unterstützt, die nachweislich bis zum 31. Dezember 2026 zum zeitgleichen Verbrauch in Österreich ausgespeichert wurden. Diese Entlastung bzw. Abgeltung wird durch die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (aws) abgewickelt.“, erläutert Alfons Haber Details dazu.

Gasversorger haben neben den allgemeinen Verpflichtungen aus dem § 5 Abs 2 GWG 2011 iVm § 4 Abs 1 GWG 2011 weitere Vorgaben zur Sicherung der Versorgung umzusetzen. Diese umfassen die Erfüllung des Versorgungsstandards für die Belieferung geschützter Kund:innen (Haushalte, soziale Dienste, Fernwärme laut § 121 (5) GWG 2011) und das Vorweisen von Versorgungssicherheitskonzepten (§ 121a GWG 2011).

Neue Regelung: Vorlage von Versorgungssicherheitskonzepten der Gasversorger

Mit der Novellierung des Gaswirtschaftsgesetzes 2011 (GWG 2011) im Juli 2024 wurden österreichische Gasversorger mit der Einführung des § 121a verpflichtet, Versorgungssicherheitskonzepte zur Vorbereitung des unmittelbaren Ausfalls ihrer größten einzelnen Bezugsquelle und zur Reduktion des Anteils von russischen Gasmengen zu erstellen und diese bis 1. Oktober der Regulierungsbehörde zu übermitteln.

„Alle betroffenen Versorger sind dieser Verpflichtung zeitgerecht nachgekommen. Und die Auswertungen der von den Versorgern gemeldeten Versorgungssicherheitskonzepte zeigen, dass die in Österreich tätigen Gasversorger entsprechend auf den Ausfall ihrer größten Bezugsquelle vorbereitet sind.“, zeigt sich Haber vom Ergebnis erfreut.

Für eine relative Mehrheit der meldepflichtigen Versorger ist die Gasbörse die größte Bezugsquelle. Bei den Gasbörsen wird im Normalfall davon ausgegangen, dass diese ausfallsicher sind.[3] Bei der Gasbeschaffung über bilaterale Geschäfte zeigt sich, dass die Versorger über mehrere verschiedene, meist internationale Vertragspartner verfügen. Dadurch können bei Ausfall eines Handelspartners Gasmengen bei anderen Handelspartnern nach- bzw. ersatzbeschafft werden. Darüber hinaus können die Versorger bei Ausfall eines bilateralen Handelspartners auch eine Ersatzbeschaffung an der Börse vornehmen.

Bei den Maßnahmen zur Reduktion des Anteils von russischen Gasmengen gehen die Versorger im Marktgebiet Ost den Weg, über bilaterale Geschäfte Gas aus bekannter und nicht-russischer Herkunft zu beschaffen, und damit Gas unbekannter Herkunft zu ersetzen.

Die Versorger in den Marktgebieten Tirol und Vorarlberg, die über das deutsche Marktgebiet versorgt werden, beschaffen die Gasmengen in der Regel fast ausschließlich im deutschen Marktgebiet. Da nach der Beschädigung der Ostseepipeline Nord Stream und der Einstellung der russischen Gasflüsse über Polen kein russisches Pipeline-Gas mehr nach Deutschland geliefert wird, sind im Marktgebiet Deutschland beschaffte Mengen als nicht-russische Mengen einzuordnen.[4]

Da im Gasmarkt kein EU-weites System von Herkunftsnachweisen etabliert ist, können Versorger die geografische Herkunft der Gasmengen, die am internationalen Gasmarkt beschafft werden, nur über eidesstattliche Erklärungen des Handelspartners nachweisen. Diese Möglichkeit wird von einigen Versorgern auch schon genutzt. Für Mengen, die an der Börse beschafft werden, ist ein Ausweis der Herkunft grundsätzlich nicht möglich.

„Die Versorgungssicherheitskonzepte zeigen, dass sich die österreichischen Versorger dem Ausfallsrisiko ihrer größten Bezugsquelle bewusst sind und dieses Risiko entsprechend managen. Die Konzepte zeigen auch, dass die Versorger Maßnahmen umgesetzt haben bzw. entsprechende Umsetzungen planen, um Gas unbekannter Herkunft, und damit auch potenziell Gas aus russischer Herkunft, durch Lieferungen mit nachweisbarer, nicht-russischer Herkunft zu ersetzen.“, fasst Haber die Ergebnisse zusammen.

Transparenz für die Endkund:innen bringt auch die Kennzeichnungspflicht bei Gas, die mittlerweile zum zweiten Mal durchgeführt werden musste.

Erhebung des Versorgungsstandards - Neuerung für die Erhebung 2024

Im Oktober 2023 wurde vom Nationalrat eine weitere Ergänzung zum Gasversorgungsstandard beschlossen, der neue §121 Abs. 5a GWG 2011. Zur Erfüllung dieser neuen Verpflichtung sind Nachweise über ausreichende Speicherkapazitäten und

-mengen für den Fall des Ausfalls der größten Infrastruktur (Import Baumgarten) (Fall c) des Versorgungsstandards), zu erbringen. Allerdings bezieht sich hier die Mengenvorhaltungspflicht auf 45 Tage Gasabsatz an geschützte Kund:innen bei durchschnittlichen Winterbedingungen. Diese Vorhaltepflicht reduziert sich auf 30 Tage, wenn glaubhaft nachgewiesen werden kann, dass die vorgehaltenen Gasmengen nicht russischer Herkunft sind.

Diese Nachweise zur Gasherkunft müssen den Anforderungen der Energiebeschaffungsplattform gemäß Art. 9 der Verordnung (EU) 2022/2576 über mehr Solidarität durch eine bessere Koordinierung der Gasbeschaffung, zuverlässige Preis-Referenzwerte und den grenzüberschreitenden Austausch von Gas, ABl. Nr. L 335 vom 29.12.2022 S. 1, in der Fassung der Verordnung (EU) 2023/2919 zur Änderung der Verordnung (EU) 2022/2576 hinsichtlich der Verlängerung ihrer Geltungsdauer, ABl. Nr. L 2023/2919 vom 29.12.2023 („AggregateEU“) entsprechen und sind als eidesstattliche Erklärung für die Beschaffungsverträge der gesamten vorzuhaltenden Gasspeichermenge schriftlich und eindeutig nachvollziehbar vorzulegen, wobei die Nachweise auch durch die jeweiligen Vorlieferanten erbracht werden können. Nachweise von Beschaffungsverträgen über Börsen sind mangels Transparenz nicht möglich. Der Betrachtungszeitraum ist jeweils vom 1. Oktober bis 1. März des Folgejahres.

„Die Erhebung des Versorgungsstandards für die Winterperiode 2024/25 ergab, dass die Gasversorger der geschützten Kund:innen in Österreich in Summe ausreichend vorgesorgt haben.“, so Haber.

Wie werden die russischen Gasmengen ersetzt werden?

Für den Ersatz von russischen Gaslieferungen sind vor allem Importe über Deutschland und Italien relevant. In Deutschland sind norwegisches Pipeline-Gas und US-LNG die wichtigsten Lieferquellen. Im italienischen Gasmarkt sind algerisches Pipelinegas und LNG-Lieferungen die wesentlichen Lieferquellen.

Für den Import von LNG und die Versorgung Österreichs sind die LNG-Terminals in Nordwesteuropa, allen voran in den Niederlanden, in Belgien und Deutschland, sowie die nördlichen Terminals in Italien von Relevanz. In den LNG-Importländern Deutschland und den Niederlanden dominieren LNG-Importe aus den USA.

In Belgien und Italien dominieren zwar Importe aus Qatar, der Anteil von US-LNG ist aber mit rd. 20% in Belgien und rd. 40% in Italien ebenfalls substanziell.

Seit 2011 verfügt die OMV über jährliche Regasifizierungskapazitäten am Rotterdamer Gate LNG-Terminal in der Höhe von rd. 3 Mrd.m³/Jahr (aktuell rd. 36 TWh/Jahr). Die OMV hält zudem entsprechende Transport- und Speicherkapazitäten, um diese Mengen auch nach Österreich transportieren zu können.[5] 2023 hat die OMV einen LNG-Liefervertrag mit dem US-Amerikanischen Unternehmen Cheniere abgeschlossen, der ab 2029 LNG zum LNG Terminal Rotterdam (GATE) bringen wird.[6]

Welche Auswirkungen werden auf die Preisentwicklung erwartet?

Die Ankündigung der OMV, den Anspruch von 230 Mio. Euro aus dem Schiedsverfahren mit Zahlungsverpflichtungen an Gazprom Export aus dem bestehenden langfristigen Vertrag aufzurechnen, hat die Großhandelspreise nur geringfügig beeinflusst. Jedoch hat sich der Großhandelspreis in den letzten Wochen deutlich nach oben bewegt. Für diese Entwicklung sind aber mehrere Faktoren verantwortlich: sinkende Temperaturen, mehr Einsatz von Gas in der Stromerzeugung und anhaltende internationale geopolitische Spannungen. Durch die Bereitstellung von Information der OMV konnte der Markt die Entwicklungen rund um den Gastransit zum Teil bereits einpreisen.

„Trotzdem wird sich diese Preissituation vorerst nur marginal auf die Haushaltspreise auswirken. Aufgrund von bereits erfolgter Beschaffung dürften die Preissteigerungen am Großhandelsmarkt geringe Auswirkungen haben, zumal ein Großteil der Haushaltskund:innen Fixpreisverträge hat. Allenfalls bei Verträgen mit variablen Preisen sind höhere Preise zu erwarten. Auch bei Industriekunden und Kraftwerken kommt es auf die Preisklauseln an. Haushalte mit variablen Tarifen sollten diese deshalb unbedingt im Blick behalten und sich bei Bedarf einen anderen Lieferanten suchen.“, betont Haber abschließend.

 

[1] Siehe Details in Szenarien der Gasversorgung in Österreich, Österreichische Energieagentur im Auftrag des BMK, mit Unterstützung dere E-Control, Juni 2024.

[3]   Anmerkung: Clearingstelle als Central Counterparty zur Vermeidung des Ausfallrisikos der Gegenpartei auf Basis des bestehenden Regelwerks der ECC.

[4]   Anmerkung: Zudem betonte die deutsche Bundesregierung im September 2023, dass sich die beliefernden Unternehmen bei LNG-Verträgen für die deutschen, staatlich finanzierten LNG-Terminals dazu verpflichtet haben, kein LNG aus Russland zu importieren. Nach Informationen der Bundesregierung werde diese Selbstverpflichtung auch eingehalten, sodass über deutsche LNG-Terminals kein russisches LNG nach Deutschland importiert wird.