Zurück 7. Energiewendefrühstück
7. Energiewendefrühstück
„Wie kann der Wettbewerb am Energiemarkt mehr an Dynamik gewinnen? Potenziale, Hürden und Perspektiven“
mit Prof. Dr. Justus Haucap
Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE),
Mitglied der deutschen Monopolkommission von 2006-2014
Dienstag, 17. November 2015, Wien
Durch die Ausgestaltung der deutschen Energiewende wurde der Wettbewerb am Strommarkt in vielfältiger Weise verzerrt. Wie der Energiemarkt an Dynamik gewinnen kann, welche Potenziale und Perspektiven sich dadurch ergeben würden, aber auch welche Hürden auf diesem Weg liegen, erörtert Justus Haucap, Direktor am Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie, beim siebten Energiewendefrühstück der E-Control.
Präsentation zum 7. Energiewendefrühstück (0,1 MB)
- Wie kann der Wettbewerb am Energiemarkt mehr Dynamik gewinnen?
Zur Veranstaltung
Deutschland investiert hohe Summe, um den Ökostromanteil in der Stromerzeugung zu erhöhen. Die Auswirkungen für den Klimaschutz waren bisher gering. „Deutschland alleine wird das Klima nicht retten“, sagte Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie, heute in Wien auf einer Veranstaltung der österreichischen Regulierungsbehörde E-Control. „Nur wenn die Energiewende gut läuft, werden andere Länder nacheifern. Nachahmer wird es aber nur geben, wenn die Kosten für den Ökostromausbau nicht aus dem Ruder laufen.“ In Australien passiere gerade das Gegenteil, mit Verweis auf die hohen Kosten für die Ökostromförderung in Deutschland wird dort gerade der Ausbau der Kohlekraftwerke vorangetrieben.
„Die Entscheidung der deutschen Politik gegen die Einführung eines Kapazitätsmarkts war gut“, betonte der deutsche Wettbewerbsökonom Justus Haucap.
Justus Haucap ortet ein ordnungspolitisches Versagen bei der Ökostromförderung
In Deutschland 35 Prozent der weltweit installierten Solaranlagen
Haucap ortet ein ordnungspolitisches Versagen bei der Ökostromförderung. „Vielfach wird am Markt vorbei produziert. Ökostromanlagenbetreiber bekommen Fördermittel in Form von Einspeisetarifen, egal ob jemand den Strom gerade braucht oder nicht.“ In Deutschland gibt es 35 Prozent der weltweit installierten Solaranlagen. „Das ist aus ökonomischer Sicht eine gigantische Fehlallokation. Im sonnenreichen Spanien könnte man wohl doppelt so viel Strom erzeugen, wie im sonnenarmen Deutschland“, erläuterte Haucap. Mittlerweile gäbe es eine unübersichtliche Vielfalt an Förderungen. „In Deutschland gibt es mehr als 5.000 unterschiedliche Förderungen in Form von Einspeisetarifen für Ökostromanlagen, wie Photovoltaik oder Windkraft.“
Weiterentwicklung des Energiemarktes reicht für Versorgungssicherheit
Durch die schwankende Erzeugung aus Ökostromanlagen wie Wind oder Sonne ist die Versorgungssicherheit gefährdet, wird vielfach befürchtet. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, reiche eine Weiterentwicklung des bestehenden Energiemarktes, gibt sich Haucap überzeugt. Die Schaffung eines weiteren Marktes für Erzeugungskapazitäten, ein sogenannter Kapazitätsmarkt, ist aus Sicht von Haucap nicht nötig. „Die Entscheidung der deutschen Politik gegen die Einführung eines Kapazitätsmarkts war gut.“ Ein flächendeckendes Blackout sei unwahrscheinlich, eher gäbe es nur regional begrenzte Stromausfälle. Für diesen Fall sollten Kraftwerke vorgehalten werden. Preisspitzen an der Strombörse müssten zugelassen werden. „Die Politik muss Preisspitzen aushalten und sich im Fall des Falles zurückhalten und nicht regulierend eingreifen“, betonte Haucap, der viele Jahre Mitglied der deutschen Monopolkommission war, davon vier Jahre dessen Vorsitzender. Die Monopolkommission ist ein unabhängiges Beratergremium der deutschen Bundesregierung.
E-Control-Vorstand Walter Boltz warnte vor einer simplifizierenden Sicht zur Energiewende und dessen Auswirkungen für den Klimaschutz. „Die Annahme, dass man nur viel Geld für den Ausbau erneuerbarer Energie in die Hand nehmen müsse und alles wird gut, ist zu vereinfachend.“ Es müsse in vielen Bereichen angesetzt werden.
E-Control-Vorstand Walter Boltz warnte in seiner Begrüßung vor einer zu vereinfachenden Sicht auf die Energiewende.
Interessiertes Publikum bei der vollbesetzten Veranstaltung
Zur Person
Herr Prof. Dr. Justus Haucap ist seit 2009 Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie. Von 2006 bis 2014 war Haucap Mitglied der deutschen Monopolkommission, davon vier Jahre dessen Vorsitzender. Die Monopolkommission nimmt als unabhängiges Beratergremium unter anderem alle zwei Jahre Stellung zur Wettbewerbsentwicklung am Strom- und Gasmarkt. Seit 2015 ist Haucap zudem Mitglied im Wissenschaftlichen Arbeitskreis für Regulierungsfragen, dem wissenschaftlichen Beirat der Bundesnetzagentur. Im September erhielt er vom Verein für Socialpolitik für seine „Beiträge zum Verständnis und zur Lösung ökonomischer Probleme“ den renommierten Gustav-Stolper-Preis.
Energiewendefrühstück
In der Veranstaltungsreihe Energiewendefrühstück erhalten ausgewählte Vertreter von Politik, Verwaltung, Interessengruppen und Energiewirtschaft von renommierten Experten Informationen aus erster Hand zum Thema Energiewende. Als Regulierungsbehörde ist es der E-Control ein Anliegen, dieses zentrale Energiethema offen und umfassend zu diskutieren.