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Netzentgeltstruktur 2.0 – Modernisierung des Netzentgeltsystems
E-Control: Netzentgeltstruktur an neue Stromwelt anpassen
Die Energieregulierungsbehörde E-Control wird die bestehende Struktur bei den Netzkosten modernisieren und an das veränderte Stromsystem anpassen. Die Stromnetzentgeltstruktur soll geändert werden, weil sich in Österreich die Stromerzeugung- und -verbrauchsstrukturen laufend ändern, Haushalte nutzen etwa verstärkt Wärmepumpen und erzeugen selbst Strom durch Photovoltaikanlagen. Damit werden die Netze zunehmend durch die Leistungskomponente und weniger von der Arbeitskomponente belastet. Zudem bringt die Digitalisierung von Netzen und Stromzählern verbesserte Abrechnungsmöglichkeiten mit sich. „Das derzeitige System der Netzentgelte bildet diese Herausforderungen nicht ab“, sagt Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der E-Control. „Daher muss die Struktur der Netzentgelte an die neue Stromwelt angepasst und modernisiert werden.“ Der Regulator hat seit Beginn des vergangenen Jahres einen Vorschlag für das neue System mit Netzbetreibern, Stromerzeugern und Sozialpartnern diskutiert und heute, Mittwoch, ein Positionspapier vorgelegt. Anfang 2019 soll das neue Stromnetzentgeltsystem in Kraft sein, damit in Netzgebieten, wo die Smart-Meter-Ausrollung gut voranschreitet, neue Kundenangebote möglich werden. Die Netzkosten machen für einen Durchschnittshaushalt in Wien derzeit 27,7 Prozent der gesamten Stromrechnung aus und gehen an den Netzbetreiber. Auf die Gesamtkosten hat die neue Netzentgeltstruktur keine Auswirkungen, die Gesamtsumme aller Netzkosten in Österreich bleibt gleich.
Stromnetztarifsystem weiterentwickeln
Die derzeitige Stromnetzentgeltstruktur ist knapp 20 Jahre alt. „Vor 20 Jahren hatte kaum jemand eine Photovoltaikanlage, ein Elektroauto oder eine Wärmepumpe, nun gibt es tausende solcher Anlagen. Auch von intelligenten Stromnetzen war noch kaum die Rede“, erklärt Urbantschitsch. „Das Netztarifsystem muss daher weiterentwickelt und die Netzkosten gerechter verteilt werden.“ Der Betrieb des Stromnetzes verursacht großteils Fixkosten und diese Kosten werden zusehends ungerecht verteilt. Aufgrund der derzeit stärkeren Orientierung an verbrauchsabhängigen Netzentgelten bezahlen Haushalte mit hoher Leistungsnachfrage, aber geringem Stromverbrauch, niedrigere Netzentgelte. Allerdings nutzen Kunden mit großen Sonderanlagen wie Wärmepumpe, Elektroauto oder Photovoltaikanlage die Netzinfrastruktur im gleichen Ausmaß. Ohne Speicherung des selbsterzeugten Stroms liegt die Eigenversorgung mit einer Photovoltaikanlage bei nur rund 30 Prozent, für den Rest wird auf das Netz zurückgegriffen und von dort Strom bezogen.
Netzkosten gerechter verteilen
Als Zwischenlösung bis zur exakten Abrechnungsmöglichkeit über die Smart Meter hat die
E-Control Anfang dieses Jahres die Netzpauschale, das ist jener Anteil, der jährlich fix abgerechnet wird, einheitlich auf 30 Euro netto angehoben. Urbantschitsch: „Langfristiges Ziel ist es, diese Pauschale ganz abzuschaffen und in die Verrechnung nach der tatsächlich bezogenen Leistung zu integrieren.“ Da das Stromnetz zu jeder Zeit den benötigten Strom transportieren muss, ist die Leistung, also die in einem bestimmten Zeitpunkt transportierte Strommenge, jener Faktor, der hauptsächlich die Dimensionierung des Netzes und somit auch die Netzkosten bestimmt. Mit der Leistungsverrechnung würde sich die Höhe der Netzkosten vorrangig nach der tatsächlichen Nutzung des Stromnetzes durch den Stromkunden richten. Dieses System wäre auch deutlich treffsicherer als das bisherige Pauschalverrechnungssystem, in dem alle Haushaltskunden die gleichen fixen Beträge zu entrichten haben. Die E-Control geht davon aus, dass sich für Standardhaushalte im Schnitt durch diese Umstellung an der Höhe der Stromrechnung nur marginal etwas ändern sollte. Voraussetzung für die Einführung eines einzigen leistungsgemessenen Netzentgelts für Haushalte sind digitale Stromzähler (Smart Meter).
Weitere Vereinfachung der Netzentgelte
Sobald die österreichweite Installation der Smart Meter abgeschlossen ist, können aus Sicht der E-Control die Netzentgelte noch weiter vereinfacht und das derzeit bestehende Messentgelt (maximal 28,8 Euro im Jahr) abgeschafft werden. Das Messentgelt deckt die Kosten für Errichtung und Betrieb des Stromzählers ab. „Diese Kosten sollen nach unserem Vorschlag in den allgemeinen Netzkosten aufgehen. Bis zur abgeschlossenen Ausrollung der Smart Meter soll das Messentgelt aber beibehalten werden, um für die Stromkunden die Zählerkosten transparent zu halten“, betont Urbantschitsch. „Mit der Abschaffung des Messentgelts werden die Netzentgelte übersichtlicher für Konsumenten. Je einfacher die Netzkosten sind, desto einfacher wird auch die Stromrechnung.“
Neues Anschlussentgelt
Das Netzzutrittsentgelt soll in ein neues Anschlussentgelt umgewandelt werden, im Gegenzug wird das Netzbereitstellungsentgelt abgeschafft. Das neue Anschlussentgelt wird fällig bei erstmaligem Netzanschluss bzw. Umbau des Anschlusses. Zum aufwandsorientierten Anteil wird ein pauschales Entgelt eingehoben, das sich an der vertraglichen Anschlussleistung orientiert. In der Vergangenheit kam es verstärkt zu Nachverrechnungen von Netzbereitstellungsentgelten, wenn der Netzbetreiber eine Überschreitung der vertraglich vereinbarten Leistungen aufgrund von Verbrauchssteigerungen feststellte. Urbantschitsch: „Es ist den Kunden allerdings schwer erklärbar, warum es zu so einer Nachverrechnung kommt, wenn sich am Verbrauchsverhalten nichts Wesentliches geändert hat. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass nur bei deutlicher Veränderung des Verbrauchsverhaltens ein Anschlussentgelt verrechnet wird.“
Netzkosten sollen sozial ausgewogen sein
Für einkommensschwache Haushalte liegt es beim Gesetzgeber, eigene Sozial-Netzentgelte festzulegen. Die Struktur der Netzentgelte wird die E-Control jedenfalls so ausgestalten, dass einkommensschwache Haushalte nicht benachteiligt werden. „Für Sondertarife wie etwa spezielle Netzentgelte für Haushalte mit geringem Einkommen oder Ausnahmeregelungen für Sonderanwendungen wie Wärmepumpen fehlt die gesetzliche Grundlage“, erläutert
E-Control-Vorstand Andreas Eigenbauer. „Einkommensschwachen Haushalten kann über das Sozialsystem geholfen werden, wobei hier die Finanzierung ebenfalls gesetzlich verankert werden könnte“, sagt Andreas Eigenbauer. „Wichtig ist, dass die Netzkosten sozial ausgewogen sind und alle, die das Netz nutzen, ihren Anteil einbringen.“ Die soziale Ausgewogenheit sei daher beim Vorschlag für die Neugestaltung der Netzentgeltstruktur stark berücksichtigt worden, betont Eigenbauer, der auf die „Leistbarkeit von Energie“ als einen der zentralen Punkte der neuen
E-Control-Strategie verweist. Ein stärkeres Abstellen auf die Leistungskomponente um höhere Beiträge von Betreibern von Sonderanwendungen wie Wärmepumpe, Photovoltaik oder Elektroauto einzubringen, entlastet den Standard-Haushaltskunden. „Wer das Stromnetz mehr nutzt, muss mehr dafür bezahlen“, erklärt Eigenbauer das dahinterliegende Prinzip.
Aktive Netzkunden sollen belohnt werden
Netzkunden, die aktiv zur Stabilität des Stromnetzes beitragen, sollen so wie es jetzt für Industrie und große Endkunden üblich ist, an den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung teilnehmen können. Kunden, die etwa in Zeiten, wo wenig Strom vorhanden ist, ihren Verbrauch teilweise zentral steuern lassen und damit geringere Gesamtkosten verursachen, sollen Teile dieses Vorteiles bekommen. „Vor allem für Gewerbebetriebe und Aggregatoren von Haushaltskunden kann das durchaus lukrativ sein“, sagt E-Control-Vorstand Andreas Eigenbauer. Der durchschnittliche Haushaltskunde wird dadurch ebenfalls entlastet, da die Gesamtkosten des Systems sinken und er jederzeit einsteigen kann, wenn er die Möglichkeiten der Smart Meter annimmt. Demand Response, das Zu- oder Abschalten von Stromverbrauchern bzw.
-produzenten bei Strommangel oder -überschuss, kann einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit unter der Prämisse der Wirtschaftlichkeit – zwei Punkten des Zielfünfecks im Energiebereich – leisten, da mittel- bis langfristig teure Investitionen in die Verstärkung von Netzen verschoben oder sogar vermieden werden können und somit die Gesamtkosten des Systems sinken.
Planbarkeit für alle Beteiligten, keine zeitvariablen Netztarife
Bei der Erarbeitung der Position zur neuen Stromnetzentgeltstruktur wurde sowohl auf die Bedürfnisse der Verbraucher als auch die der Netzbetreiber sowie anderer Interessengruppen Rücksicht genommen. „Die Verbraucher wünschen sich stabile, überschaubare Netzentgelte. Daher hat die E-Control nicht vor, zeitvariable Tarife wie beispielsweise Tarife mit stündlichen Intervallen vorzusehen. Diese würden die Endkunden überfordern und eine Vergleichbarkeit vom Gesamtpreis einschränken“, so Eigenbauer. Der unterbrechbare Tarif dagegen, der schon unter anderem für Wärmepumpen eingesetzt wird, soll ausgebaut werden. Die Netzbetreiber sind an einer stabilen Entgeltstruktur sowie planbaren Erlösen aus dem Netzentgelt interessiert. Eigenbauer: „Als Regulator haben wir eine ausgewogene Position entwickelt, die die unterschiedlichen Interessen bestmöglich berücksichtigt und sämtliche Herausforderungen der Zukunft abdeckt.“
Neue Stromnetzentgeltstruktur ab 2019 notwendig
Die neue Struktur der Netzentgelte ist aus Sicht der E-Control mit Jahresbeginn 2019 notwendig, Vorbereitungsarbeiten für die Änderungen laufen bereits. Einige der Änderungen kann die Regulierungsbehörde selbst vornehmen, für andere wie etwa die Umstellung auf Leistungsmessung durch Smart Meter oder eine vollständige Abschaffung des Netzbereitstellungsentgelts sind Gesetzesänderungen nötig. Die neue Verordnung zu den Stromnetzentgelten mit der neuen Struktur möchte die E-Control so rasch als möglich in die Konsultation schicken; im 2018 soll damit bereits die Regulierungskommission der E-Control befasst werden.
Positionspapier der E-Control zur neuen Netzentgeltstruktur:
www.e-control.at/netzentgeltestruktur-2.0