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Taskforce Strom & Gas: Ein Energiemarkt der verschiedenen Geschwindigkeiten
Entwicklung der Endkundenpreise zeigt unterschiedliche Geschwindigkeiten
Ein effektiver und funktionierender Wettbewerbsprozess um Endkund:innen sollte letztlich dazu führen, dass sich die Preise sowohl für Neu- als auch Bestandskund:innen den Preisniveaus am Großhandelsmarkt für Strom und Gas annähern. Während die Großhandelspreise seit knapp 1,5 Jahren zurückgehen, zeigt die Erhebung der Taskforce bei großen Energieunternehmen, die rund 75% des Marktes in Österreich ausmachen, dass die Preisentwicklung bei den Endkund:innen in sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten verläuft. Dies gilt für Haushalte, aber auch kleinere Unternehmen.
Es wurde unter anderem sichtbar, dass die Differenzierung der Kundengruppen innerhalb bestimmter Unternehmen stark ausgeprägt ist. Vom selben Unternehmen wurden einerseits Tarife im Preis stark angehoben, andererseits gab es gleichzeitig auch Tarife, die im Preis adäquat gesenkt wurden. Das hat dazu geführt, dass sich deshalb der Durchschnitt insgesamt nicht maßgeblich bewegt hat, es aber zu einer stärkeren Differenzierung der Kundengruppen gekommen ist. Dies führt zur Situation, dass diejenigen Tarife, die gesenkt wurden, zwar mit plausiblen Einkaufsstrategien am Großhandel preislich weitgehend konform gehen. Gleichzeitig gibt es aber große Kundengruppen innerhalb mancher EVUs, die mit Jänner 2024 einen Preis zahlten, der deutlich über einem wettbewerbskonformen Niveau lag. Eine Preisdifferenzierung zwischen 6 und >61 Cent/kWh im selben Unternehmen ist für die Taskforce zumindest dem ersten Anschein nach noch nicht hinreichend erklärt.
Punktuell extreme Entwicklung bei indizierten Endkundenpreisen
Beginnend im Jahr 2023 mehrten sich bei uns die Beschwerden von Konsument:innen wegen extrem anmutender Preise. Diese Preise lagen bei Strom (teilweise erheblich) höher als 61 Cent/kWh, bei Gas höher als 25 Cent/kWh. Derartige Preise sind auf Basis von Einkaufsstrategien für die Taskforce kaum oder schlicht nicht nachvollziehbar, da sie im Extrem bei über 300% der aktuell teuersten, aber noch plausiblen Einkaufstrategien liegt. Gegenüber der billigsten Strategie liegt sie gar bei fast dem Zehnfachen. Dies betraf mit Jänner 2024 mehrere tausend Zählpunkte von Haushalten bzw. Kleinunternehmen.
Nach Kenntnis der Taskforce ergibt sich diese Bepreisung meist durch gewisse Arten der Indexbindung in Verträgen. Derartige Indexklauseln sind oftmals sehr intransparent und leider auch manchmal in sich inkonsistent.
Die Anzahl der Zählpunkte in diesen hohen Kategorien bleibt auch über Monate konstant, was vermuten lässt, dass sich die Kund:innen entweder nicht bewusst über den geltenden Preis sind oder aus anderen Gründen diese Tarife nicht wechseln. Dass Konsument:innen nicht darüber Bescheid wissen, wieviel sie für die Kilowattstunde Strom oder Gas bezahlen, bestätigt auch eine aktuellen Marktumfrage1. Demnach wissen 68% der Befragten nicht, was bei ihrem Lieferanten eine Kilowattstunde Strom kostet, bei Gas sind es sogar 84%.
Wechselverhalten gedämpft - bestimmte Kundengruppen wechseln trotz (starker) ökonomischer Anreize nicht
Es zeigt sich gerade anhand der beschriebenen Extrempreisausschläge, dass viele Kund:innen auf die Marktanreize im Strom- und Gasmarkt kaum oder nicht reagieren. Diese fehlende Wechselbereitschaft ist ein bedeutender wettbewerbsökonomischer Strukturfaktor, der den lokalen EVUs eine enorme Preisgestaltungsmacht zuweist. Gleichzeitig stellt dies ein Hindernis für einen Markteintritt und eine Markterweiterung alternativer Anbieter dar. Auch in unserer Marktumfrage geben mehr als 50% der Befragten an, noch nie den Anbieter von Strom oder Gas gewechselt zu haben. Weitere ca. 20% gaben an, dies nur einmal gemacht zu haben.
Zahl der Produktangebote steigt, aber noch nicht auf Vorkrisenniveau
Speziell im Jahr 2022 und auch noch 2023 hat es sowohl bei Strom als auch bei Gas etliche Marktaustritte von Unternehmen und demgegenüber kaum Neueintritte gegeben. Ein ähnlicher Trend musste bei den angebotenen Tarifen beobachtet werden. Im Juni 2021 gab es in unserem Tarifkalkulator beispielsweise noch 145 Strom-Neukundenprodukte, was sich in den Folgemonaten stark reduziert hat. Den historischen Tiefststand erreichte die Anzahl der Tarife im Oktober 2022, als es lediglich 22 Neukundenprodukte zur Auswahl gab. Mittlerweile gibt es wieder deutlich mehr Angebote, auch wenn das Vorkrisenniveau noch nicht annähernd erreicht wurde. Im Juni 2024 waren im Tarifkalkulator im österreichweiten Schnitt 84 Produkte gelistet.
Ein ähnliches Bild sieht man im Gasbereich. Auch hier kann es krisenbedingt zu einem starken Rückgang der Neukundenprodukte. Im Juni 2021 lag diese Zahl noch bei rund 130, im Oktober 2022 gab es nur mehr lediglich 12 Neukundentarife. Auch hier hat sich die Lage mittlerweile wieder etwas verbessert, aber ebenfalls bei weitem noch nicht zufriedenstellend. Derzeit werden rund 50 Neukundenprodukte im Tarifkalkulator angeboten.
Allen Strom- und Gaskund:innen raten wir auf jeden Fall, ihre aktuellen Verträge und Preise zu überprüfen und mit unserem Tarifkalkulator einen Vergleich anzustellen. Österreichweit kann ein Durchschnittshaushalt derzeit mit einem Lieferantenwechsel vom Standardprodukt des lokalen Versorgers zum jeweils günstigsten Angebot bis zu 733 Euro bei Strom und 1.068 Euro bei Gas pro Jahr sparen.
Taskforce Energie arbeitet weiter
Die Arbeit der Taskforce Strom und Gas ist noch nicht abgeschlossen. Wie geplant soll sich die Beobachtung auf den gesamten Zeitraum der Stromkostenbremse beziehen, sodass ein Abschlussbericht für das erste Halbjahr 2025 geplant ist.
Der zweite Bericht der Taskforce mit allen Details ist auf unserer Website veröffentlicht: https://www.e-control.at/publikationen/untersuchungen
1 MARKET Marktforschungsinstitut, österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, n=1.000