Zurück Großhandelsmarkt in Bewegung
In den vergangenen 20 Jahren hat sich im Stromgroßhandel ein fundamentaler Wandel ereignet, hin zu einem marktwirtschaftlichen System mit grenzüberschreitenden Handelsmöglichkeiten. Das bedeutet, Strompreise werden durch die Koordinierung von Angebot und Nachfrage generiert.
Ähnlich zur wirtschaftlichen Dynamik weist auch der Großhandelsmarkt für Strom sowohl saisonale als auch zyklische Tendenzen auf. Die typische Saisonalität im österreichischen Markt ist von erhöhter Stromnachfrage im Winterhalbjahr bei gleichzeitig eingeschränktem Wasserdargebot zur Stromerzeugung bestimmt. Dementsprechend liegen die Strompreise im Herbst und Sommer meist deutlich über den Preisen im Frühjahr und Sommer.
In den ersten Jahren der Liberalisierung haben wir in Österreich ein sehr niedriges Preisniveau zwischen 20 und 30 Euro/MWh gesehen. Im Vorfeld der Finanz- und Wirtschaftskrise haben steigende Brennstoffpreise dies deutlich geändert, und es gab Quartalspreise von über 70 Euro/MWh. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise kam es auch an den Stromgroßhandelsmärkten zu einem dramatischen Preisverfall, der in Österreich aber bald wieder etwas abflachte. Im Jahr 2011 begann generell eine längere Phase sinkender Strompreise im Großhandel. Erst 2016 haben wir hier eine erste Trendwende mit wieder steigenden Preisen gesehen.
Auch die Gasgroßhandelspreise verlaufen natürlich nicht linear. Im Jahr 2013 wurde der höchste Jahresdurchschnittspreis mit 27,2 Euro/MWh erreicht. Das Jahr 2020 hingegen war mit 10,09 Euro/MWh jenes mit dem niedrigsten Preisniveau im Jahresdurchschnitt. Seit dem zweiten Halbjahr 2020 ist die Tendenz der Gaspreise wieder steigend. Die Importpreise hatten vor allem zu Beginn der Liberalisierung eine sinkende Tendenz, ab 2004 sind diese wiederum angestiegen. In den darauffolgenden Jahren gab es ein ständiges Auf und Ab. Nicht zuletzt aufgrund der Corona-Krise lagen die niedrigsten Importpreise in den Monaten Juli und August 2020 bei nur etwas 30 Prozent des Preises vom Jänner 2009. Im weiteren Verlauf ist der Preis wieder deutlich angestiegen.
Dass es bei Gas derzeit einen enormen Preisanstieg gibt und was die Gründe dafür sind, wird derzeit heftig diskutiert. Wir sehen den Preisanstieg als ein Ergebnis der Angebots- und Nachfragsituation am europäischen und globalen Großhandelsmarkt. Der wirtschaftliche Aufschwung in vielen Sektoren sorgt für erhöhte Gasnachfrage, wobei die Nachfrage stärker anzieht als das Angebot. Dazu kommt noch, dass im August aufgrund von Wartungsarbeiten auch reduzierte Gaslieferungen aus Norwegen kamen und auch die Gazprom geringere Gasmengen über Polen nach Europa lieferte. Aufgrund der hohen Nachfrage nach LNG in Asien und Südamerika wird auch weniger LNG geliefert als in den letzten Jahren. Wir rechnen nicht damit, dass diese Hochpreisphase von extrem langer Dauer sein wird, sondern sich die Preise im ersten Halbjahr des kommenden Jahres wieder entspannen sollten.