Regelreserve und Ausgleichsenergie
Um eine stabile Netzfrequenz zu gewährleisten ist es erforderlich, dass jederzeit ein Gleichgewicht von Erzeugung und Verbraucht besteht. Das wird durch die sogegannte Leistungs-Frequenz-Regelung realisiert (siehe nachstehende Grafik).
Grafische Darstellung der Leistungs-Frequenz-Regelung |
Für den Fall einer großen Lastschwankung, z.B. einem Kraftwerk-Ausfall oder andere unvorhersehbare Einspeise- oder Verbraucheränderungen im europäischen Übertragungs- und Verbundnetz (ENTSO-E Netz), springen die einzelnen Regelzonenführer mit ihrer Primärregelung ein, welche beinahe unverzögert verfügbar ist. Die Höhe der Leistung, mit der sich die einzelnen Regelzonenführer beteiligen, erfolgt nach einer freiwilligen Einigung und wird durch eine gemeinsam beschlossene Formel auf Basis der jeweiligen Erzeugungsmengen berechnet und festgelegt. Durch diese Regelung wird somit ein quasistationärer Frequenzzustand gesichert.
Handelt es sich um ein kurzes Leistungsdefizit bzw. einen kurzen Leistungsüberschuss, reicht die Primärregelung aus, um das System zu stabilisieren. Die Primärregelung wird im ElWOG 2010 in der Legaldefinition des § 7 Z 58 definiert als „eine automatisch wirksam werdende Wiederherstellung des Gleichgewichtes zwischen Erzeugung und Verbrauch … bis höchstens 30 Sekunden nach Störungseintritt“. Im Fall einer sich länger auswirkenden Beeinflussung, wird nach definierter Zeit (max. nach 30 sec), bzw. bereits parallel zur Primärregelung, die Sekundärregelung aktiviert, damit die Primärregelung entlastet und wieder frei ist, um die zuvor beschriebene Funktion zu erbringen. Im Unterschied zur Primärregelung, welche grenzüberschreitend im gesamten Verbundnetz für stabile Frequenz sorgt, kommt die Sekundärregelung innerhalb der Regelzonengrenzen für den Ausgleich von Leistungsdefizit bzw. –überschuss zum Einsatz. Die Wiederherstellung der Frequenz kann im Bereich von mehreren Minuten liegen.
Dauert die Leistungsabweichung länger an (> 15 min), wird die Sekundärregelung durch die Tertiärregelung abgelöst, bzw. kann sie wiederum bereits parallel zur Sekundärregelung zum Einsatz kommen. Die Tertiärregelung wird entweder automatisch oder manuell aktiviert und soll so zum Einsatz gelangen, dass sie spätestens 15 Minuten nach Beginn der Gesamtregelzonenabweichung ihren Beitrag leistet. Die Wiederherstellung des Sekundärregelbandes kann bis zu 15 Minuten dauern, während die Tertiärregelung nach dieser Zeit noch nicht beendet sein muss. Die verfügbare Aussfallreserve muss mindestens so groß sein, wie der größte im Zuständigkeitsbereich eingesetzte Kraftwerksblock.
Die notwendige Regelleistung wird von technischen Einheiten erbracht, die ein Präqualifizierungsverfahren des Regelzonenführers durchlaufen haben und bei den regelmäßig stattfindenden Ausschreibungen für Regelreserve einen Zuschlag erhalten haben. Neben Kraftwerken, die durch eine Erhöhung oder Verminderung ihrer Einspeisung sowohl positive als auch negative Regelleistung bereitstellen können, kann die Erbringung auch durch Verbrauchsanlagen erfolgen, indem diese ihren Bezug variieren. Kleinere Einheiten können auch zu Pools zusammengefasst werden um am Regelreservemarkt teilnehmen können.
Zuständigkeit
Auf den Übertragungsnetzbetreiber entfällt die Verantwortung bzw. Aufgabe des Regelzonenführers, der für das stabile Funktionieren des elektrischen Energiesystems zu sorgen hat. Dieser Aufgabe kommt er durch die Leistungs-Frequenz-Regelung (§7 Z 60 ElWOG 2010) nach.
Die Beschaffung der benötigten Regelreserve erfolgt einheitlich durch den Regelzonenführer mittels regelmäßiger Ausschreibungen. An diesen Ausschreibungen kann jeder Marktteilnehmer, der bestimmte technische Bedingungen erfüllt und einen entsprechenden Rahmenvertrag unterzeichnet hat, teilnehmen.
Verteilung der Kosten
Die für die Primärregelung anfallenden Kosten werden gemäß § 68 Abs 1 ELWOG 2010 vom RZF an Erzeuger, mit einer Engpassleistung von mehr als 5 MW, verrechnet. Die Zuteilung der Kosten erfolgt im Verhältnis ihrer Jahreserzeugungsmaßnahmen.
Im Fall der Sekundärregelung fallen sowohl Kosten für die Bereitstellung von Regelleistung, als auch Kosten für die Lieferung von Regelenergie an. Diese Kosten werden teils durch das Systemdienstleistungsentgelt (SDL-Entgelt) abgedeckt, welches direkt den Erzeugern mit einer Anschlussleistung von mehr als 5 MW verrechnet wird, teils über das Ausgleichsenergiepreissystem den Bilanzgruppen in Rechnung gestellt.
Abgrenzung von Ausgleichsenergie und Regelreserve
Sowohl die Regelreserve, als auch die Ausgleichsenergie dienen physikalisch gesehen demselben Zweck, nämlich der Herstellung des Gleichgewichts zwischen Erzeugung und Verbrauch. Die Abweichung der Prognose in einer Bilanzgruppe, z.B. durch Ausfall, verursacht Ausgleichsenergie (§ 7 Z3 ElWOG 2010). Der Saldo der Ausgleichsenergie über alle Bilanzgruppen in der Regelzone ergibt den Regelreservebedarf, für welchen der Regelzonenführer zu sorgen hat. Die Summe der Ausgleichsenergie kann um ein Vielfaches höher sein als die Regelreserve, da sich in der saldierten Betrachtung die Bilanzgruppen mitunter selbst ausgleichen.
Demnach gilt vereinfacht dargestellt:
- Abweichung einer Prognose in der Regelzone ist Regelreserve
- Abweichung einer Prognose in der Bilanzgruppe ist Ausgleichsenergie
Auf Basis der erfassten Mengen und des Ausgleichsenergiepreises (der sich vor allem aus den Preis der aktivierten Regelenergie bestimmt), wird den einzelnen Bilanzgruppen die verbrauchte Ausgleichsenergie in Rechnung gestellt (AB Strom BKO). Die Art und Weise der Weiterverrechnung dieser Kosten an die Lieferanten bzw. an die Kunden bleibt den Marktteilnehmern überlassen.