Zurück Großhandelsmärkte: Preisanstiege prägen die aktuelle Marktsituation bei Gas und Strom
Großhandelsmärkte: Preisanstiege prägen die aktuelle Marktsituation bei Gas und Strom
Gasgroßhandel
Die langanhaltend milden Temperaturen haben auch diesem Jahr zu einem verspäteten Beginn der Heizperiode geführt. Bei gleichzeitig hohen Speicherfüllständen von über 95 Prozent kam es im Gasgroßhandel im Laufe des Septembers zu rückläufigen Entwicklungen mit Day-Ahead-Spotpreisen bis unter 35 EUR/MWh auf dem österreichischen Gashub CEGH VTP. Im Oktober folgte allerdings durch die unklare Situation im Kontext der Ausweitung des Nahostkonflikts auf den Iran eine deutliche Reaktion auf den Brennstoffmärkten. Es verfestigte sich ein kurzfristiger Gaspreis bei etwa 40 EUR/MWh. Durch sinkende Temperaturen Anfang November kam es des Weiteren zu nachfrageseitigem Preisdruck. Zuletzt waren es jedoch vor allem die Meldungen hinsichtlich des ukrainischen Gastransits und des Lieferstopps der Gazprom an die OMV, welche zu deutlichen Preisanstiegen im Spothandel führten. Der österreichische Spotmarktindex CEGHEDI erreichte am 20.11.2024 mit einem Wert von 47,7 EUR/MWh sein bisheriges unterjähriges Maximum.
Die Terminmarktabschlüsse folgten diesen Entwicklungen auf den Spotmärkten (siehe Abb.). Basierend auf den Terminmarktergebnissen der Front-Monats- bzw. Front-Quartals-Futures (Dezember 2024, 1. Quartal 2025) wird in den nächsten Monaten ein starres Niveau bei etwa 48 EUR/MWh eingepreist. Je nach tatsächlicher Importlage und Ausprägung des Winters sind im Gasgroßhandel allerdings auch Preisrückgänge bis zum Jahresende denkbar. Geopolitische Faktoren und Unsicherheiten hinsichtlich Transport- und Liefermöglichkeiten werden aber wohl weiterhin die Preisbildung entscheidend beeinflussen.
Stromgroßhandel
Nach dem Wiedererstarken der Stromerzeugung aus Wasserkraft im September, kam es auch im Bereich des Spothandels für Strom zunächst zu Preisrückgängen. Die durchschnittlichen Day-Ahead-Preise fielen von August bis Oktober und lagen bei knapp 85,6 EUR/MWh (Base). Seit Ende Oktober etablierte sich jedoch ein wesentlich höheres Spotpreisniveau im Stromgroßhandel. Im November lag der mittlere Day-Ahead-Preis bisher bei 134,8 EUR/MWh, dies entspricht einem Anstieg von 57 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Fundamental für diese Entwicklung war der starke Rückgang der Laufwassererzeugung durch andauernde Trockenheit gepaart mit Phasen geringer Erzeugung sonstiger erneuerbarer Stromerzeugung. Nachfrageseitig wirkte der Temperaturrückgang auf Durchschnittswerte unter 5 Grad Celsius laststeigernd. Diese gleichzeitigen Effekte bewirkten, dass thermische Kraftwerke vermehrt eingesetzt wurden und somit Stromgroßhandelspreise in Abhängigkeit zu Kraftwerkseffizienz, Gas- und Co2-Preisen entstanden. In derartigen Marktsituationen sind die stündlichen Spotpreise stark lastgetrieben, da meist erhebliche Residuallasten vorherrschen – zu Spitzenlastzeiten (am Morgen und in den Abendstunden) kann es zu deutlich höheren Preisen kommen, weil situationsabhängig zusätzliche Flexibilitäten eingesetzt werden müssen. Da auch geringe Importmöglichkeiten bestanden (ebenfalls verminderte Erzeugungspotenziale und erhöhter Bedarf in benachbarten Marktgebieten), waren auch Speicherbewertungen relevant für die Preisbildung.
Die Abschlüsse für Stromlieferungen im Terminhandel sind ebenfalls angestiegen. Die Bepreisung des Base-Monatsfutures für Dezember 2024 wurde deutlich nach oben revidiert, schließt aber aufgrund der traditionellen Preissohle am Jahresende bei unter 120 EUR/MWh. Stromlieferungen für Jänner und Februar 2025 werden bei knapp 130 EUR/MWh gehandelt. Auch hier gilt jedoch, dass Verbesserungen der Fundamentaldaten bzw. etwaige Entspannung am Gasmarkt jederzeit zu Preisreduktionen führen können.
Abb.: Großhandelspreise in Österreich; Quellen: Strom Day-Ahead Marktkopplungsauktion (EPEX Spot, EXAA, NordPool), Strom Futures (Phelix AT, EEX), Gas Day-Ahead Spot Index CEGHEDI (CEGH VTP), Gas Futures (EEX); Datenstand: 20.11.2024, eigene Berechnung