Zurück Energiewelt im Multikrisenmodus: verunsicherte Konsument:innen
Energiewelt im Multikrisenmodus: verunsicherte Konsument:innen
Noch nie hat es so viel Verunsicherung auf den Strom- und Gasmärkten gegeben wie 2022. Die Preise für Strom und Gas haben enorme Höhen erreicht, Energielieferanten haben sich auf das eigene Versorgungsgebiet beschränkt oder gänzlich aus dem Markt zurückgezogen, Verträge wurden gekündigt oder mit deutlich höheren Preisen neu angeboten und nicht zuletzt war die Versorgungssicherheit mit Strom und Gas ein allgegenwärtiges Thema.
Strom und Gas im Fokus
Die aktuellen Ergebnisse einer Umfrage unter 1.000 österreichischen Haushalten [1] zeigen, dass die Beschäftigung mit Strom und Gas stark zugenommen hat. So geben 80 Prozent der Befragten an, sich „sehr stark“ oder „immer wieder“ mit dem Thema Energiekosten zu beschäftigen. Das ist eine Steigerung um 20 Prozentpunkten in den letzten zwei Jahren.
Abb. 1:Quelle: Peter Hajek Public Opinion Strategies
Der Preis pro Kilowattstunde – die große Unbekannte
Dass sich die Konsument:innen intensiver mit dem Thema beschäftigen, wäre – wenn man so will – immerhin ein positiver Nebeneffekt an der krisenhaften Situation des letzten Jahres. Leider bestätigen aber die Ergebnisse der Umfrage das, was wir auch täglich in unserer Beratungsstelle sehen, nämlich, dass Paramter der Strom- und Gasrechnung oft schwer zu durchschauen sind. Die große Mehrheit der Verbraucher:innen kennt ihren aktuellen Strom- oder Gaspreis nicht. 72 Prozent der Befragten geben an, nicht genau zu wissen, wie viel sie für die Kilowatt-Stunde bei Strom bezahlen, bei Gas wissen das sogar 88 Prozent nicht!
Abb. 2: Quelle: Peter Hajek Public Opinion Strategies
Und das trifft auch auf jene zu, die sich vergangenes Jahr intensiv mit ihren Energiekosten befasst haben.
Abb. 3: Quelle: Peter Hajek Public Opinion Strategies
In unserer Beratungsstelle ist dies eines der Hauptthemen. Etliche Anfragen betreffen Fragen nach dem Strom- bzw. Gaspreis, der oft nicht nachvollzogen werden kann. Wir haben vor einiger Zeit zehn Forderungen an die Energiewirtschaft veröffentlicht, um mehr Transparenz für die Konsument:innen zu erreichen. Eine dieser Forderungen bezieht sich darauf, Informationen über den geltenden Energiepreis oder Preisänderungsmöglichkeiten leicht zugänglich zu machen und vor allem leicht verständlich. Die Verbraucher:innen müssen wissen, welcher Energiepreis überhaupt zur Anwendung kommt. Hier herrscht nach wie vor häufig große Unsicherheit. Für ein Viertel der Verbraucher:innen haben sich im letzten Jahr die Teilzahlungsbeträge bei Strom (25 Prozent) nicht nachvollziehbar geändert, bei Gas waren es 28 Prozent. Auch hier fordern wir mehr Transparenz.
Abb. 4: Quelle: Peter Hajek Public Opinion Strategies
Beratungsstelle nach wie vor gestürmt
Nach dem Boom unserer Beratungsstelle im vergangenen Jahr zeigt sich, dass die Konsument:innen nach wie vor verunsichert sind und Hilfe benötigen. So hatte die Beratungsstelle 2023 bereits mit 13.000 Konsument:innen Kontakt, um deren Fragen zu beantworten oder Beschwerden entgegenzunehmen. 600 Anträge auf Streitschlichtung konnten von unserer Schlichtungsstelle heuer bereits verarbeitet werden.
Thematisch behandeln die Anfragen und Beschwerden vor allem die Abrechnung. Viele Konsument:innen können sich einerseits hohe Nachzahlungen nicht erklären und zusätzlich ihre neuen Teilbetragsvorschriften nicht nachvollziehen. Auf kürzlich gelegten Abrechnungen für Strom ist außerdem bereits der Stromkostenzuschuss ausgewiesen. Auch hier herrscht Unsicherheit über die Art der Berechnung. Aus unserer Sicht wäre es notwendig, dass die Energielieferanten hier mehr Hilfestellung leisten und für mehr Transparenz auf den Abrechnungen sorgen. Auch sollten einfach zugängliche Kundenserviceangebote selbstverständlich sein.
Sorge um die Versorgung mit Strom und Gas hat nicht zugenommen
Dass es im Jahr 2022 trotz des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der damit einhergegangenen Krisen gelungen ist, den Verbraucher:innen Vertrauen zu vermitteln, zeigen weitere Ergebnisse der Umfrage. Die Sorge um die Versorgung mit Strom und Gas hat von 2022 auf 2023 nicht wirklich zugenommen. So gaben 38 Prozent der Befragten an, „sehr in Sorge“ oder „in Sorge“ zu sein, was die Versorgungssicherheit mit Strom oder Gas betrifft, im Jahr davor waren dies 36 Prozent.
Abb. 5: Quelle: Peter Hajek Public Opinion Strategies
Dabei bereiten vor allem die steigenden Preise Sorgen.
Abb. 6: Quelle: Peter Hajek Public Opinion Strategies
[1] Peter Hajek Public Opinion Strategies, 1.000 Befragte, März 2023