Smart Grids

Definition und Ziele

Unter Smart Grids versteht man „Stromnetze, welche durch ein abgestimmtes Management mittels zeitnaher und bidirektionaler Kommunikation zwischen Netzkomponenten, Erzeugern, Speichern und Verbrauchern einen energie- und kosteneffizienten Systembetrieb für zukünftige Anforderungen unterstützen“ (Definition der Technologieplattform Smart Grids Austria).

Smart Grids sind gekennzeichnet durch

  • den Einsatz von digitaler und fortschrittlicher Kommunikations- und Informationstechnologie, 
  • zeitlich hochaufgelöstes Monitoring und Management von Energieflüssen, 
  • die Koordinierung von Erzeugungsanlagen, Verbrauchern und Speichern sowie zwischen Netzbetreibern und Netzbenutzern.

Ziele dabei sind

  • die Steigerung der Zuverlässigkeit, Versorgungssicherheit, Resilienz und Flexibilität des Systems,
  • Kosteneffizienz,
  • die Reduktion negativer Umweltauswirkungen der Stromversorgung sowie
  • die weitreichende Integration dezentraler Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energie zur Unterstützung der Energiesystemwende.

Diese Ziele werden auch in der Begriffsbestimmung des Entwurfs des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG, Stand Februar 2024) hervorgehoben. Der ElWG-Entwurf definiert ein Smart Grid als „ein intelligentes Stromnetz, welches durch den Einsatz von Kommunikationstechnologie zwischen Netzbenutzern sowie Steuerungs- und Monitoring-Infrastruktur des Netzbetreibers einen energie- und kosteneffizienten Systembetrieb bei hohem Maß an Integrationsfähigkeit von Energie aus erneuerbaren Quellen und Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheitsstandards unterstützt.“

Treiber für Smart Grids

Mehrere Gründe sprechen für die Entwicklung von Smart Grids. Ein zentraler Aspekt, der auch in den obigen Definitionen zum Ausdruck kommt, besteht in der Dezentralisierung des Stromsystems. Die historisch gewachsenen, vorwiegend auf fossilen Energieträgern basierenden Stromversorgungssysteme waren durch große, zentrale Kraftwerke gekennzeichnet. Durch den fortschreitenden Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung werden die Erzeugungsstrukturen diverser, und der Großteil der Erzeugungsanlagen auf Basis von Wind, Sonnenergie, Biomasse etc. speisen auf der Mittel- oder Niederspannungsebene in das öffentliche Stromnetz ein. Zudem sind insbesondere Windkraft und Solarenergie durch hohe Volatilität gekennzeichnet, also wetterbedingten und jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen. Diese zwei Faktoren, nämlich zunehmend verteilte Erzeugungsstrukturen und dargebotsabhängige Muster der Stromerzeugung, erhöhen die Komplexität des Systems und bringen für den Netzbetrieb neue Herausforderungen. Während in einem zentral geprägten Stromversorgungssystem die Energieflüsse stets dieselbe Richtung haben (von Erzeugern zu Verbrauchern), sind in dezentralen Systemen sehr unterschiedliche und oftmals rasch wechselnde Situationen vorzufinden, die es zu beherrschen gilt. 

Zudem sind die Rollen in heutigen Energiesystemen nicht mehr so eindimensional zuordenbar: Die auch als „Demokratisierung“ der Stromversorgung bezeichnete Entwicklung, die es nicht nur großen Industriebetrieben, sondern auch Kleinbetrieben und einzelnen Haushalten ermöglicht, selbst Stromerzeugungsanlagen zu betreiben und Überschüsse über das öffentliche Netz zu vermarkten, lässt die althergebrachten Rollen verschwimmen. Aus den englischen Begriffen für Erzeuger und Verbraucher hat sich das Kunstwort „Prosumer“ herausgebildet, das die Doppelrolle von Eigenerzeugern mit Photovoltaikanlagen, kleinen Blockheizkraftwerken oder anderen Erzeugungstechnologien unterstreicht. 

Die Etablierung von Smart Grids zielt darauf ab, technische Hemmnisse für diese gemeinhin als wünschenswert erachteten Entwicklungen abzubauen und dezentrale, erneuerbare Stromerzeugung durch Kommunikations- und Informationstechnologie möglichst kosteneffizient in die Stromnetze zu integrieren. Dabei stehen Monitoring, also die Überwachung der Energieflüsse – möglichst in Echtzeit –, und koordinierte Steuerung, beispielsweise von Energiespeichern und flexiblen Verbrauchsanlagen, im Vordergrund. Neue und kostengünstige IT-Lösungen schaffen hier Möglichkeiten, die es zu nutzen gilt („Digitalisierung“).

Neben dem Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung, der nicht zuletzt durch die notwendige Dekarbonisierung des Energiesystems, also der Vermeidung von Kohlendioxid- und anderen Treibhausgasemissionen, motiviert ist, stellt auch die Elektrifizierung im Wärme- und Mobilitätssektor sowie der Industrie einen wesentlichen Treiber für die Forschung und Anwendung von Smart-Grid-Lösungen dar. Der auch als „Sektorkopplung“ bezeichnete Ersatz fossiler Energieträger durch elektrische Energie trägt nicht nur zu einem steigenden Strombedarf bei, er schafft auch neue Möglichkeiten: Der Strombezug der neuen Lasten, insbesondere von Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen und anderen Wärme- und Kälteanwendungen kann meist innerhalb gewisser Grenzen ohne Komfortverlust zeitlich gesteuert werden („Laststeuerung“ oder „demand response“). Diese Flexibilität ist in einem Stromsystem mit hohem Anteil volatiler Erneuerbarer von hohem Wert, da sich Erzeugung und Verbrauch stets die Waage halten müssen und die erzeugungsseitige Steuerbarkeit durch die Abkehr von fossilen Energieträgern sinkt. Sektorkopplung erhöht also eine der wichtigsten Anforderungen an ein kosteneffizientes und zukunftsfähiges Stromsystem, nämlich Flexibilität. Das Ermöglichen von Laststeuerung und die Koordination verteilter Flexibilitäten ist eine der Hauptmotivationen für Forschung im Bereich Smart Grids.

Die Rolle der E-Control

Die E-Control unterstützt die Entwicklung und den Einsatz von Smart-Grid-Lösungen und ist in nationalen und internationalen Initiativen zur Forcierung von Smart Grids aktiv. 

Auf nationaler Ebene erfolgt dies insbesondere über die Technologieplattform Smart Grids Austria, in dessen Vorstand die E-Control mit Prof. DI Dr. Alfons Haber, MBA vertreten ist. Die Technologieplattform Smart Grids Austria ist als Verein organisiert, verbindet Akteure aus Energiewirtschaft, Industrie und Forschung und hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 2008 als kompetenter Ansprechpartner für die öffentliche Hand etabliert. 

Nähere Informationen zur Technologieplattform Smart Grids Austria, zu Veranstaltungen und laufenden Aktivitäten sind auf der Website https://www.smartgrids.at/ abrufbar.