Zurück REMIT II: Einigung auf eine Reform der europäischen Großhandelsmarktaufsicht
REMIT II: Einigung auf eine Reform der europäischen Großhandelsmarktaufsicht
REMIT II erweitert einerseits den Anwendungsbereich der REMIT, regelt zusätzliche Kompetenzen für die Regulierungsbehörden und die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) und harmonisiert die Durchsetzung der REMIT-Vorschriften in der Union. Zudem soll das Paket auch Verbesserungen und Vereinfachungen bei der Datenmeldung bringen.
Definitionen und Geltungsbereich
Aufgrund der immer enger werdenden Verflechtungen der Finanz- mit den Energiemärkten soll die Aufsicht der beiden Bereiche stärker vereinheitlicht werden. Dies bedeutet einerseits, dass bestimmte Definitionen – wie für Insiderinformation oder Marktmanipulation – an die Vorlagen des Finanzrechts angepasst werden. Andererseits werden Energieregulierungsbehörden in Zukunft die Aufsicht auch über Energiederivate, also Finanzprodukte mit Bezug zu Strom- oder Gaspreisen, in vollem Umfang innehaben.
Harmonisierung von Sanktionen
Während die gesetzliche Umsetzung von Sanktionen wegen REMIT-Verstößen bisher national bestimmt war, bringt REMIT II gewisse Mindestvorschriften auf EU-Ebene. Die Regulierungsbehörde wird bei Rechtsverstößen selbst Geldbußen verhängen können, sowohl gegen juristische als auch natürliche Personen.
Die maximalen Bußgelder sollen für natürliche Personen bei bis zu 5.000.000 EUR liegen, für juristische Personen bei mindestens 15% des jährlichen Gesamtumsatzes.
Neue Kompetenzen für ACER und Regulierungsbehörden
ACER wird mit Ermittlungsbefugnissen in grenzüberschreitenden Fällen ausgestattet und kann damit unter gewissen Voraussetzungen direkt in den Mitgliedstaaten ermitteln, z.B. Informationen von Unternehmen einholen, Händler befragen oder Vor-Ort-Inspektionen durchführen. Gleichzeitig wird ACER eine stärkere Rolle in der Autorisierung und Beaufsichtigung der Plattformen zur Publikation für Insiderinformation bzw. für Datenmeldungen (RRMs - Registered Reporting Mechanisms) bekommen.
Neue Zuständigkeiten für nationale Behörden gibt es im Zusammenhang mit der Aufsicht über algorithmischen Handel bzw. der Gewährung von direktem elektronischem Zugang zum Großhandelsmarkt. Marktteilnehmer, die diese Möglichkeiten nutzen bzw. anbieten, müssen gemäß REMIT II effektive Systeme und geeignete Risikokontrollen einrichten, um sicherzustellen, dass ihre Handelssysteme regelkonform laufen sowie angemessene Handelsschwellen und -limits festlegen und die Versendung irrtümlicher Handelsaufträge verhindern.
Registrierung und Datenmeldungen
Marktteilnehmer aus Drittstaaten haben sich zukünftig in einem Mitgliedstaat, in dem sie tätig sind, zu registrieren und müssen dort einen Vertreter bevollmächtigen. Ziel ist es, eine effizientere Kooperation und Informationseinholung durch Behörden sicherstellen.
Energiehandelsplätze wie Börsen werden durch REMIT II eine zentralere Rolle in der Datenmeldung einnehmen. Diese sollen gemäß REMIT II ihre Orderbücher direkt an ACER melden. Da keine Doppelmeldungen erforderlich sind, könnte dies für kleinere Marktteilnehmer, die lediglich auf organisierten Märkten tätig sind, eine Entlastung bei der Datenmeldung sein. Änderungen bei der Datenmeldung werden noch von der Kommission in Durchführungsrechtsakten konkretisiert.
Conclusio
REMIT II schließt wichtige Rechtslücken in der Aufsicht über den Energiegroßhandelsmarkt, gleichzeitig wird auf dynamische Marktentwicklungen reagiert. Für Marktteilnehmer bedeutet dies einerseits größere Anforderungen an die Compliance. Sollte man als Unternehmen unter die genannten Vorschriften fallen, ist es essenziell, sich mit den Neuerungen im Detail auseinanderzusetzen. Dies auch, da potenzielle hohe Geldbußen bei REMIT Verstößen drohen. Andererseits sollte man Prozesse hinsichtlich der Datenmeldung überprüfen und optimieren.
Über REMIT
REMIT regelt die Aufsicht über den Energiegroßhandelsmarkt in der EU. Um das Vertrauen der Verbraucher:innen in die Integrität der Strom- und Gasmärkte zu stärken und um Marktmissbrauch vorzubeugen, stellt REMIT Verbote von Marktmissbrauch sowie Transparenz- und Meldepflichten auf. Unter die Regelungen fallen direkte Marktteilnehmer am Großhandel mit Strom und Gas und auch Endverbraucher:innen mit einer Verbrauchskapazität von mehr als 600 GWh pro Jahr.
Im Rahmen der Energiekrise kam es zu einer Vielzahl an neuen Regelungen auf EU-Ebene. Die Europäische Kommission stellte im März 2023 ein erstes Konzept zur Reform des EU-Strommarktes vor. Dieses soll den Ausbau erneuerbarer Energien und den Ausstieg aus Gas beschleunigen, sowie Haushalte vor Preisschwankungen, Preisspitzen und Marktmanipulation schützen. Teil des Vorschlags war eine erhebliche Verschärfung des Rechtsrahmen zur Prävention von Marktmissbrauch.